è Zur Disposition der Hauptorgel
In der Jesuitenkirche wirken zwei Orgeln bei
der Kirchenmusik mit, die sich beide hinter Prospekten aus dem 18. Jahrhundert
befinden, die im Rahmen der jüngsten Kirchensanierung unter
denkmalpflegerischen Gesichtspunkten konserviert wurden.
Das Gehäuse der Hauptorgel auf der Westempore ist nach einem Entwurf des
kurpfälzischen Hofbildhauers Paul Egell (1691-1752) durch dessen Sohn Augustin
Egell (1713-1765) und Schreinermeister Graff und Dreher Ridinger gefertigt, für
das der Straßburger Orgelbauer Johann Georg Rohrer (1685-1765) von 1752 bis
1755 ein im Klangbild elsässisch-französisch orientiertes Instrument mit 32
Registern auf zwei Manualen und Pedal hineinstellte. Diese Orgel erfuhr im 18.
und 19. Jahrhundert mehrere technische Veränderungen und klangliche
Modernisierungen, bis sie 1893 durch einen Neubau der Orgelfabrik H. Voit &
Söhne in Durlach ersetzt wurde. Aufgrund der massiven Bombardierung der Stadt
Mannheim während des Zweiten Weltkrieges wurde das gesamte Orgelwerk in eine
Kirche nach Neckarelz ausgelagert. Das in der Kirche verbliebene Gehäuse wurde
splittersicher verschalt, so daß es auch beim Einsturz der Glockentürme und des
Kirchengewölbes nur zu Schäden und nicht zur vollständigen Zerstörung kam. Im
Zuge des Wiederaufbaus der Kirche konnte das Gehäuse 1952 instand gesetzt und
wieder am ursprünglichen Ort aufgestellt werden, wobei die Durlacher Orgelfirma
Carl Hess ein kleines Orgelwerk mit 18 Registern aus den gesicherten Pfeifen
provisorisch darin einrichtete. Nach dieser Zwischenlösung erbaute die
Orgelbauwerkstätte Johannes Klais, Bonn, 1965 ein Instrument mit 56 Registern
auf vier Manualen und Pedal im neobarocken Stil, das 2004 in seiner Technik
durch die Erbauerfirma und klanglich durch die Firma Gerhard Lenter,
Sachsenheim, optimiert wurde.
Spielhilfe: Elektronische Setzeranlage mit
4.000 Speicherplätzen
System: Schleiflade, mechanische Spieltraktur, elektrische Registertraktur
Das Gehäuse der Chororgel stammt von einem anonymen Kunstschreiner, der es als Schrein für ein Instrument im Stil der Heidelberger Schule 1751/2 für die katholische Kirche in Fürth im Odenwald anfertigte. 1961/2 wurde es nach Mannheim transloziert und birgt seit 1964 die von der Firma Max Bader Nachf. Vleugels, Hardheim, umgestaltete und auf 16 Register reduzierte Interimsorgel aus dem Egell-Gehäuse. Das technisch mittlerweile unzuverlässige Instrument muß in den kommenden Jahren durch ein neues ersetzt werden.
Spielhilfe: Freie Kombination und dynamische
Kollektive
System: Taschenlade, elektropneumatische Spiel- und Registertraktur
Dr. Michael G. Kaufmann, Erzbischöflicher Orgelinspektor
Literatur:
Heinz Lindner, Unsere alte Orgel und ihr
Schicksal, in: Jesuitenkirche Mannheim, herausgegeben vom Erzbischöflichen
Stadtpfarramt der Oberen Pfarrei, Mannheim 31965, S. 7-13.
P. Albert Hohn OSB, Die Orgeldispositionen, in: Jesuitenkirche Mannheim,
herausgegeben vom Erzbischöflichen Stadtpfarramt der Oberen Pfarrei, Mannheim
31965, S. 16-19.
Bernd Sulzmann, Historische Orgeln in Baden, München und Zürich 1980, S. 68.
Hans Huth, Die Kunstdenkmäler des Stadtkreises Mannheim, Band 1, München 1982,
S. 617-618.
Klaus Könner: Der süddeutsche Orgelprospekt des 18. Jahrhunderts
Entstehungsprozeß und künstlerische Arbeitsweisen bei der Ausstattung barocker
Kirchenräume, Tübingen 1992, S 287-289, Abb. 73.
Michael Gerhard Kaufmann, Orgelgeschichte im Rhein-Neckar-Kreis, in:
Orgelführer Rhein-Neckar-Kreis, bearbeitet von Martin Kares, Michael Gerhard
Kaufmann und Godehard Weithoff unter Mitarbeit von Tobias Frass und Markus
Zepp, herausgegeben vom Rhein-Neckar-Kreis in Verbindung mit der Erzdiözese
Freiburg und der Evangelischen Landeskirche in Baden, Heidelberg 2001, S.
11-27.
Disposition
der Hauptorgel der Jesuitenkirche:
I. Positiv |
IV. Schwellwerk |
Prinzipal
8' |
Pommer 16' |
Rohrgedackt
8' |
Holzflöte 8' |
Oktav 4' |
Geigenprinzipal
8' |
Blockflöte
4' |
Gamba 8’ |
Waldflöte
2' |
Vox coelestis 8' |
Larigot 1
1/3 |
Oktav 4' |
Cornett
5fach |
Holztraverse 4' |
Scharff
3-4fach |
Querflöte 2' |
Dulcian
16' |
Septsesquialter 2--3fach |
Krummhorn
8' |
Mixtur 5fach |
Tremulant |
Fagott 16' |
|
Trompete harm.8' |
II. Hauptwerk |
Clairon 4' |
Prinzipal 16' |
Tremulant |
Prinzipal 8' |
|
Gemshorn 8' |
Pedal |
Gamba 8' |
Untersatz 32' |
Oktav 4' |
Prinzipalbass 16' |
Hohlflöte 4' |
Subbass 16' |
Quinte 2 2/3' |
Zartbass 16' |
Superoktav 2' |
Quinte 10 2/3' |
Mixtur 4fach |
Holzoktav 8' |
Trompete 16' |
Bartpfeife 8' |
Trompete 8' |
Choralflöte 4' |
Großsesquialter 2fach |
|
III. Echowerk |
Hintersatz 4fach |
Holzgedackt 8' |
Posaune 16' |
Quintade 8' |
Trompete 8' |
Prinzipal 4' |
Clarine 4' |
Rohrflöte 4' |
Cornett 2' |
Nasard 2 2/3' |
|
Oktav 2' |
Koppeln |
Terz 1 3/5' |
I-II,
III-II, IV-II, III-I, IV-I, IV-III, |
Sifflet 1' |
Sub IV-IV |
Acuta 4fach |
I-P,II-P,II-P,IV-P. |
Vox humana 8' |
|
Oboe 8' |
Setzeranlage |
Tremulant |
|
Klaviaturumfänge |